Sprechen, schreiben, lesen, hören – das sind nicht die einzigen Kanäle menschlicher Kommunikation. Doch welche Möglichkeiten gibt es, Informationen außerhalb der gesprochenen Sprache zu vermitteln? Und wie funktionieren sie, auch im Verhältnis zu den anderen Kanälen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Schwerpunktprogramm „Visuelle Kommunikation“ (ViCom) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), entwickelt von den Universitäten Frankfurt und Göttingen. Von den nun bewilligten 19 Projekten im Programm sind vier an der Universität und Universitätsmedizin Göttingen angesiedelt.
Welche Freizeitangebote wünschen sich Kinder und Jugendliche mit Behinderung und welche Barrieren stehen ihrer Teilhabe im Weg? Wie können Kommunen und freie Träger diese Hürden abbauen und welches sind Bedingungen für eine gelungene Gestaltung inklusiver Freizeitangebote? Zur Beantwortung dieser Fragen fördert die Landesregierung über drei Semester eine Studie der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) mit knapp 84.000 Euro. Die Studie erforscht Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten, an denen junge Menschen mit Behinderung aktiv teilhaben können. „Kommunen und freie Träger äußern mit Blick auf geeignete Konzepte zur inklusiven Gestaltung ihrer Jugendarbeit hohen Beratungsbedarf.
Bild: DOA NRW, Arcihv
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Ein neues System, das in der Lage ist, Lippen mit bemerkenswerter Genauigkeit zu lesen, selbst wenn die Sprecher Gesichtsmasken tragen, könnte dazu beitragen, eine neue Generation von Hörgeräten zu schaffen.
Ein internationales Team von Ingenieuren und Informatikern hat die Technologie entwickelt, die erstmals Hochfrequenzmessung mit künstlicher Intelligenz kombiniert, um Lippenbewegungen trotz Maske zu erkennen
Das System könnte, wenn es in herkömmliche Hörgerätetechnologie integriert wird, dazu beitragen, den „Cocktailparty-Effekt“, einen häufigen Mangel herkömmlicher Hörgeräte, zu bekämpfen.
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Das Land Niedersachsen und die VolkswagenStiftung bewilligen Forschenden der UMG und des Göttinger Exzellenzclusters Multiscale Bioimaging Mittel über 1 Million Euro aus dem „SPRUNG“ (vormals: „Niedersächsisches Vorab“) zur Entwicklung des optischen Cochlea-Implantats für die Wiederherstellung des Hörens beim Menschen.
Die Schwerhörigkeit ist die häufigste Sinnesbehinderung des Menschen: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden 466 Mio. Menschen (davon 34 Mio. Kinder) weltweit an einer behandlungsbedürftigen Schwerhörigkeit. Ursächlich für die häufigste Form der Schwerhörigkeit sind defekte oder abgestorbene Hörsinneszellen. Bisher ist es nicht möglich, diese Sinneszellen zu reparieren oder wiederherzustellen.
Oldenburg. Der Hörforscher Dr. Kai Siedenburg von der Universität Oldenburg ist in die Junge Akademie aufgenommen worden. Die Mitgliedschaft ermöglicht ihm in den kommenden fünf Jahren, mit anderen Nachwuchsforschenden sowie Künstler*innen gemeinsam zu forschen und sich auszutauschen. Dafür stellt die Akademie ein eigenes Budget zur Verfügung.
Aufgabe der Jungen Akademie ist es, den Diskurs zwischen herausragenden Nachwuchswissenschaftler*innen zu stärken und Initiativen zu fördern, die Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft verbinden. Sie ernennt jährlich zehn neue Mitglieder und verabschiedet die gleiche Anzahl Personen nach fünfjähriger Zugehörigkeit in den Kreis der Alumni.
Bild: Hörforscher Dr. Kai Siedenburg gehört für die nächsten fünf Jahre der Jungen Akademie an. Foto: Uni Oldenburg
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Sonderforschungsbereich der Universität erhält Förderung für weitere vier Jahre
Intelligente Hörgeräte, die sich individuell an ihre Nutzerinnen und Nutzer anpassen: An diesem Ziel arbeiten Forschende des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Hörakustik“ seit vier Jahren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dem Vorhaben nun erneut Mittel bewilligt: Bis zu 8,1 Millionen Euro erhält das vom Oldenburger Hörforscher Prof. Dr. Volker Hohmann geleitete Vorhaben von 2022 bis 2026 für die zweite Phase. Der SFB mit dem offiziellen Titel „Hörakustik: Perzeptive Prinzipien, Algorithmen und Anwendungen“ (HAPPAA) arbeitet an Hörgeräten und Hörassistenzsystemen, die sich mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) selbstständig an unterschiedliche Umgebungen anpassen und sich dabei immer besser auf die individuellen Nutzerinnen und Nutzer einstellen.
Bild: Um Hörversuche mit Versuchspersonen unter kontrollierten Bedingungen durchführen zu können, haben die Forschenden des SFB mehrere virtuelle audiovisuelle Szenen geschaffen. Foto: Hörzentrum Oldenburg gGmbH
Studie zeigt möglichen Zusammenhang zwischen genetisch bedingter Störung des Gehörs und Autismus
Eine Ursache für eine genetische Autismus-Spektrum-Störung liegt im Defekt eines Gens namens Cacna2d3. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten des Saarlandes und Ulm konnten nun nachweisen, dass für die Kommunikation wichtige Schallsignale, die vom Innenohr in elektrische Signale gewandelt werden und von dort über den Hörnerv ins Gehirn weitergeleitet werden, nicht mehr richtig verarbeitet werden können, wenn dieses Gen defekt ist. Verliert Cacna2d3 seine Funktion, könnten daher bei autistischen Patienten ähnliche Verarbeitungsstörungen auftreten, wie sie in den Experimenten der Forscher messbar waren. Die Studie wurde im Fachjournal „eNeuro“ veröffentlicht.
Bild: Prof. Dr. Jutta Engel (l.) und PD Dr. Simone Kurt. Universität des Saarlandes/Thorsten Mohr
Auf der Google I/O stellte Google eine Brille vor, die Sprache in Text umwandelt und als Untertitel in die Brille einblendet. Google bezeichnet die Brille und deren Technik ausdrücklich als frühen Prototypen, womit also nicht sicher ist, ob dieser wirklich die Marktreife erreicht.
Ziel ist eine Brille, die hört, was das Gegenüber sagt, erkennt das Gesagte, und setzt es – für Schwerhörige und Gehörlose – direkt in Untertitel um, die nur für den Brillenträger sichtbar eingeblendet werden. Die Aufgabe erledigt ein Minicomputer, der sich in der Brille befindet.
Bild: Screenshot aus einem PR-Video für den Prototypen einer Simultandolmetschbrille, den Sundar Pichai auf der Google I/O 2022 vorgestellt hat. (Bild: Google/Screenshot)
Oldenburger Forscherinnen haben den Code entdeckt, mit dem ähnlich klingende Laute, die im Alltag schnell missverstanden werden, bei Mongolischen Wüstenrennmäusen in Nervenreize umgewandelt werden. Das könnte ein vielversprechender Ansatz für die komplexe Suche nach der Ursache für Altersschwerhörigkeit sein.
Auf der komplexen Suche nach der Ursache für Altersschwerhörigkeit haben Forschende der Universität Oldenburg einen vielversprechenden Ansatz entdeckt. Sie haben den Code entschlüsselt, mit dem bestimmte Laute vom Ohr ans Gehirn übermittelt werden. Das berichten sie im Fachmagazin eNeuro. Mit diesem Wissen und weiteren Versuchen wollen sie künftig herausfinden, ob und wie sich dieser Code im Alter verändert.
Experte für Hörprothetik erhält renommierten ERC-Förderpreis der Europäischen Union
Etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Hörstörungen. Bei Älteren ist Schwerhörigkeit die am häufigsten eingeschränkte Sinneswahrnehmung. Doch bereits Kinder und sogar Neugeborene können unter Hörverlusten leiden, etwa einer Innenohrtaubheit. Dann werden akustische Signale nicht an den Hörnerv weitergeleitet. In diesem Fall können Innenohrprothesen – sogenannte Cochlea-Implantate (CI) – helfen. Sie stimulieren den Hörnerv mit Hilfe von Elektroden. Sowohl bei älteren als auch bei ganz jungen Patientinnen und Patienten kann aber noch ein Resthörvermögen vorliegen, vor allem im Bereich der tiefen Töne.
Bild: Mit einer EEG-Haube misst Professor Dr. Waldo Nogueira Vazquez die akustischen und elektrischen Signale bei der Hörverarbeitung im Gehirn. Foto: Karin Kaiser/MHH
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Weißbüschelaffen lösen Hörtests am Touchscreen
Neues vom optischen Cochlea-Implantat
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind mehr als fünf Prozent der Weltbevölkerung von Schwerhörigkeit und Taubheit betroffen, die meist durch den Verlust von Haarzellen im Ohr verursacht werden. Für die künftige Behandlung setzen Forschende auf Optogenetik, eine gentechnische Methode, mit der sie die Hörnervenzellen der Betroffenen lichtempfindlich machen wollen. Die am Göttingen Campus entwickelten optischen Cochlea-Implantate, die die Schallwellen in Licht anstatt in Strom umwandeln, könnten ein deutlich differenzierteres Lautspektrum vermitteln und so einen Höreindruck ermöglichen, der dem natürlichen Hören sehr viel näher kommt als dies bei bisherigen Cochlea-Implantaten der Fall ist.
Bild: Mit diesem am Käfig angebrachten Gerät können mit Weißbüschelaffen automatische, unbeobachtete Hörtrainings und Hörtests direkt im eigenen Käfig durchgeführt werden. Der Drahttunnel stellt sicher, dass jeweils nur ein Tier an den Tests teilnimmt. Karin Tilch
Menschen sind sehr gut darin, Sprache auch unter schwierigen Bedingungen zu verstehen. Doch gerade für schwerhörige Menschen machen laute Hintergundgeräusche es sehr schwierig, einem Sprecher zu folgen. Hörgeräte helfen dabei kaum, da sie es derzeit noch nicht ausreichend schaffen, Hintergrundgeräusche herauszufiltern. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) entwickeln eine Methode, die Menschen hilft Sprache trotz Hintergrundrauschen besser zu verstehen. Die Ergebnisse der Studie wurden im Wissenschaftsjournal PNAS veröffentlicht*.
Laut einer neuen Studie haben Cochlea-Implantate große wirtschaftliche Vorteile für die Gesellschaft.
Eine niederländische Studie hat gezeigt, dass Cochlea-Implantate (CIs) eine wirtschaftlich sinnvolle Investierung sind und daher einen klaren Vorteil für die Patienten und die Gesellschaft mit sich bringen.
Im Rahmen der Studie stellten die Forscher fest, dass die durch das Cochlea-Implantat erhöhten Gesundheitskosten durch den Gesamtwert der Gesundheitsvorteile für die Patienten sowie durch die Ersparnisse bei den Kosten für die Ausbildung und Produktivität der Betroffenen mehr als nur erstattet wurden.
- Harmonisierung der Vorschriften für klinische Studien in der EU
- Neue Wege bei Sprachentwicklungs- Störungen:
- Gesichtsmaske: Das Lippenlesen fehlt allen
- Neuronale Kooperation in der Hörrinde
- Menschen mit Hörprothese orientieren sich an Klangfarbe
- Cochlea-Implantat als Sensor
- Aspekte der Arbeitszufriedenheit schwerhöriger Menschen
- Gentherapie gegen Taubheit
- Die Persönlichkeit verrät, wie gut wir hören
- Besser verstehen