Der Bundestag muss tätig werden!
Anlässlich der Inklusionstage am 13. und 14. Oktober stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales seine Studie zum aktiven und passiven Wahlrecht von Menschen mit Behinderung vor. „Die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist ein Menschenrecht und sie ist unverzichtbar für die Demokratie. Leider wird sie immer noch nicht allen Menschen mit Behinderung gewährt. In Deutschland werden laut neuesten Studienergebnissen rund 85.000 Menschen mit Behinderung von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen. Das ist nicht länger hinnehmbar“, kritisiert Ulrike Mascher, DBR-Sprecherratsvorsitzende und Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.
Als Basis des Wahlausschlusses dient ein veraltetes Modell, das eine vermutete Entscheidungs- bzw. Nichtentscheidungsfähigkeit zugrunde legt. Diese Definition aber beruht auf überholten Vorurteilen und wird vom Wortlaut des Grundgesetzes nicht gedeckt. Wahlberechtigt ist nach Artikel 38 des Grundgesetzes, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat. Es ist das Ziel des DBR, dass Menschen mit einer Behinderung umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können. So sieht es auch die 2009 in Deutschland in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention vor. Trotzdem sind immer noch alle Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen, die einen Betreuer für die Erledigung ihrer Angelegenheiten haben.
Dies gilt auch für Menschen, die im Zustand der Schuldunfähigkeit eine Straftat begangen haben und im psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind. Der pauschale Wahlrechtsausschluss im Wahlgesetz verletzt das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben.
Der DBR fordert, dass auch diese 85.000 Menschen gleichberechtigt wählen dürfen und weist die häufig genannten Argumente ab, wonach ihnen das Wissen über die Bedeutung und den Ablauf von Wahlen fehle. „Das sind inzwischen auch vonseiten der Forschung als überholt angesehene Stereotype. Für Menschen ohne Behinderung gibt es auch kein Wahlexamen“, erklärt Mascher. Vielmehr muss der Bundestag Voraussetzungen für eine verbesserte Assistenz bei Wahlen schaffen, damit behinderte Menschen mit einer Betreuung dieses Recht in der Praxis tatsächlich ausüben können. „Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, dass Menschen mit Behinderung auf eigenen Wunsch und bei Bedarf die Unterstützung bei der Stimmabgabe durch eine Person ihrer Wahl in Anspruch nehmen können“, so Mascher.
Auch muss mehr für eine umfassende Barrierefreiheit getan werden: „Für viele Menschen mit Behinderung gleichen Wahlen einem Hürdenlauf. So stehen ihnen beispielsweise unverständliche Wahlinformationen im Weg. Außerdem hindern nicht-barrierefreie Websites, aber auch unzugängliche Wahllokale die Betroffenen an der Ausübung ihres Wahlrechts“, sagt Mascher.
Quelle: Sozialverband VdK Deutschland