Mehr als 150 Gäste feierten 25 Jahre Cochlea Implantat Verband Nordrhein-Westfalen (CIV NRW)
Ein fulminantes Jubiläumsevent gab es am Samstag, dem 21. Juni, in der Stadthalle Hagen: Der Cochlea Implantat Verband NRW (CIV NRW) feierte sein 25jähriges Gründungsjubiläum und mehr als 150 große und kleine Gäste aus NRW und dem gesamten Bundesgebiet feierten mit. Die Besucher erlebten ein hochkarätig besetztes Vortragsprogramm rund um das Cochlea-Implantat und die CI-Selbsthilfe sowie einen tollen gemeinsamen Tag.
Bild: Martin Schaarschmidt
„Seit nunmehr 25 Jahren setzt sich der Cochlea Implantat-Verband NRW mit großem ehrenamtlichem Engagement und Leidenschaft, ausgewiesener Fachkompetenz und viel Erfolg für die Belange der schwerhörigen und hörgeschädigten Menschen in Nordrhein-Westfalen ein“, so Karl-Josef Naumann,
NRW-Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, in seinem Grußwort für die exklusive Jubiläumszeitschrift des CIV. „Ihnen allen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, das ist das Ziel des Cochlea Implantat-Verbandes NRW. Hierfür möchte ich auf diesem Wege allen Ehrenamtlichen des Cochlea Implantat-Verbandes NRW besonderen Dank aussprechen.“ Zudem würdigte der Minister in einer Video-Ansprache die Selbsthilfe als eine wichtige Struktur im Gesundheitswesen.
Den Glückwünschen und Danksagungen des Ministers folgten an diesem Tag noch viele weitere. So lobte auch Patienten- und Behindertenbeauftragte Claudia Middendorf die 25-jährige erfolgreiche Arbeit des CI-Regionalverbandes. Sie erwähnte dabei insbesondere auch die junge Selbsthilfe. Und sie würdigte das Engagement der amtierenden Vorsitzenden Marion Hölterhoff. Sie hoffe, so Claudia Middendorf, dass „Sie alle dazu beitragen, das CI noch mehr in die Öffentlichkeit zu tragen.“ Alle seien aufgerufen, sich in der Selbsthilfe zu engagieren, so die Referentin.
Auch DCIG-Präsident Dr. Roland Zeh überbrachte seine Glückwünsche. Er würdigte den CIV NRW als einen starken und aktiven Regionalverband mit stetig steigenden Mitgliederzahlen, der sowohl politisch aktiv ist, als auch in zahlreichen Selbsthilfegruppen Basisarbeit leistet. Auch Roland Zeh dankte namentlich Marion Hölterhoff für ihre engagierte Arbeit.
Spannende Vorträge und Preisträger beim „CI-Kopf des Jahres“ und der Aktion „Bunte Menschen“
Moderiert wurde die Veranstaltung in bewährter Manier von Nadine Richter, die als ersten Referenten Professor Dr. Park (Hagen) begrüßen konnte. Der HNO-Chirurg widmete sich in seinem Vortrag den „Chancen des Cochlea-Implantats“. Das CI eröffne die Chance zu hören bzw. wieder zu hören, zu kommunizieren und zu arbeiten, kognitiv fit zu bleiben, sozial und emotional beteiligt zu sein und letzten Endes ein neues Leben zu führen. Auch Professor Park hob den hohen Stellenwert der CI-Selbsthilfe hervor: Sie sei ein wesentlicher Beitrag, durch den das CI überhaupt erst so erfolgreich werden konnte. Niemand könne Menschen „vor einer CI-OP besser betreuen oder auch danach besser begleiten als Sie“.
Professor Dr. Park illustrierte seinen Redebeitrag durch mehrere Videos, in denen CI-Träger und Angehörige über den Stellenwert der Hörprothese für den eigenen Weg sowie über ihre Erfahrungen berichteten. Und er nutzte den Vortrag auch, um den Zuhörern einen Ausblick auf neueste Innovationen zu geben – etwa auf noch individuellere Implantate, gehörerhaltende Operationen, die Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) oder voll implantierbare Cochlea-Implantate.
Beim nächsten Programmpunkt nahm Peter Hölterhoff die Auszeichnung für den „CI-Kopf Fotowettbewerb 2024“ vor; Motto: „Verstecken war gestern“. Der Preis, mit dem seit mittlerweile neun Jahren die besten, charismatischsten, selbstbewusstesten, lustigsten oder aufsehenerregendsten Porträts von großen und kleinen „CI-Köpfen“ geehrt werden, ging diesmal an Marion Jäger.
Ebenso geehrt wurden die Gewinner-Projekte beim Wettbewerb „Bunte Menschen“, bei dem Orte bzw. Einrichtungen ausgezeichnet wurden, die sich um den Abbau von Hörbarrieren verdient gemacht haben. Hier ging der dritte Preis an Cramers Café in Solingen (Einsendung Conny Volmer) für den Einbau von Akustik-Paneelen. Den zweiten Platz belegte das Fußballstadion des SC Paderborn (Einsendung Franziska Wörner), in dem zwei Reihen für Hörgeschädigte ausgestattet wurden – inklusive Gebärdendolmetscher und Untertitel für die Vereinshymne. Und den ersten Platz sicherte sich das Hotel Johanneshof in Langsur-Mesenich (Einsendung Traudel Theisen), das ein ganzes Angebotspaket für hörgeschädigte Besucher bereithält.
Cochlea-Implantate und Rennwagen, eine CI-Pionierin und ein Hörimplantat in der Schneekugel
Nach der ausgedehnten Mittagspause mit leckerem Süppchen und vielen Gesprächen übernahm Dr. Andre Morsnowski, Audiologe an der HNO-Klinik in Köln-Hohlweide, und sprach angenehm kurzweilig und unterhaltend zum Thema „CI und Kommunikation“ – mit bunten Bildern und bildhaften Vergleichen: Wenn das Hörgerät ein Auto ist, so sei das CI ein Rennwagen, eine hochspezialisierte Maschine, so der Audiologe. Um mit einem „CI-Rennwagen“ gut zu fahren, brauche man eine Fahrer-Lizenz, viele Runden Erfahrung und eine eingespielte Boxen-Crew; und man bewege sich sozusagen immer zwischen „Karma und Kiesbett“.
Um mit einem solchen Gefährt gut unterwegs zu sein, müsse man üben und der Boxen-Crew vertrauen. Dies erläuterte Dr. Morsnowki auch anhand des Kommunikationsmodels von den vier Seiten jeder Nachricht. Die könnten gerade auch mit dem CI mehr oder weniger wahrgenommen werden. Wie das, was ein anderer gesagt hat, tatsächlich zu verstehen sei, sollte man mit viel Wohlwollen aushandeln – ergänzt mit einem großen Schuss Gelassenheit und Humor.
Sonja Ohligmacher, die nachfolgende Referentin, war wohl den meisten im Saal keine Unbekannte. „Du bist doch nur ein Versuchskaninchen“, hatten ihr Bekannte und Kollegen immer wieder gesagt, als sie sich zu ihrer ersten Implantation mit einem Cochlea-Implantat entschloss. 1981 erhielt sie in Wien ein experimentelles CI der Forschergruppe von Professor Burian und dem Ehepaar Hochmair. Ihre Erlebnisse von damals sowie mehr als 40 Jahre Leben mit der Hörprothese schilderte die CI-Pionierin in ihrem berührenden Vortrag, der mit viel Applaus bedacht wurde.
Vor der nächsten Pause startete Moderatorin Nadine eine kleine Saalumfrage: „Was bedeutet dir das CI?“ – Neben Antworten von lang bis ganz frisch versorgten CI-Trägern förderte die Befragung sogar eine echte Rarität zu Tage: Eine Besucherin hatte ihr erstes Implantat von 1986 mitgebracht – wohl behütet in einer glitzernden Schneekugel. Und Singer-Songwriter Martin Bischoff („Knopf am Kopf“) stellte sein neues Lied „Klänge dieser Welt“ für CI-Träger vor – also obendrein auch noch eine echte Premiere!
Rückblick auf 25 Jahre CIV NRW – mit Erfolgen und lustigen Episoden, den CI Kids und „Knopf am Kopf“ und mit Deaf Ohr Alive NRW
Nach der Pause dann der große Rückblick auf 25 Jahre erfolgreiche CI-Selbsthilfearbeit im Bundesland. Den musste Marion Hölterhoff allein übernehmen, da ihr Co-Referent Peter Dieler leider krankheitsbedingt ausgefallen war. Dennoch ein spannender und unterhaltsamer Rückblick, der am 1. April 2000 begann, als 29 Teilnehmer in der HNO-Klinik Essen die Satzung des CIV NRW verabschiedeten. Von ersten Vorsitzenden Willi Lukas-Nülle über die späteren Vorsitzenden Leo Tellers, Elvira Mager bis zu Bernadette Weibel und die zahlreichen weiteren Vorstandsmitglieder wurden alle gewürdigt und bedacht. Zahlreiche Mitstreiter, die die Geschicke des Landesverbandes prägten und prägen, wurden im Saal begrüßt und beklatscht.
Teil des Rückblicks waren auch wichtige Stationen und Ereignisse des Regionalverbandes: die erste CIV News und die erste Homepage, der erste Wettbewerb um den „CI-Kopf“, erste und neue Geschäftsstelle, die Teilnahme beim Selbsthilfetruck der GKV, die Ausrichtung der Fachtagung der DCIG 2023, die Entwicklung der jungen Selbsthilfe, die zahlreichen Seminare, die umfangreiche Netzwerkarbeit und vieles mehr.
Beeindruckend insbesondere auch die stetig steigende Zahl der Mitglieder des Verbandes – von 20 (2000) über 174 (2010) auf aktuell über 590. Auch unterhaltsame Episoden gab es reichlich – von den Vorstandssitzungen in Elvira Magers Garten (mit Pool) über die „heimliche“ Übergabe der CIV NRW News Chefredaktion an Marion Hölterhoff bis zur desaströsen und ebenso legendären Fahrt mit der historischen Straßenbahn durch Gelsenkirchen.
Auch die Abteilungen des CIV NRW, Deaf Ohr Alive NRW und die CI Kids NRW gaben Einblicke in ihre Arbeit. Den Auftakt gaben die CI Kids mit einem Auftritt mit Martin Bischoff und seinem CI-Hit „Knopf am Kopf“, den die Kinder in den Stunden zuvor gemeinsam mit dem Liedermacher einstudiert hatten. CI Kids Mama Diana gab Einblick in die Aktivitäten der Jüngsten: Eltern-Kind- und Technik-Seminare, Sommertreffen, Online-Stammtisch. 2020 gelang es dem Verband vier Eltern für das Orgateam der CI-Kids zu gewinnen. Heute stehen rund 60 Familien im Kontakt mit den „Kids“; zum Sommerfest im letzten Jahr kamen über 50 Besucher.
Im Gespräch mit Moderatorin Nadine stellten anschließend Daniel und Tobi die junge Selbsthilfe vom CIV NRW (DOA NRW) vor. Klettern, Floßbau und Kanufahren, Improtheater und Trampolinspringen, die Gedenkfahrt nach Buchenwald, Ausflüge nach Bochum und Paderborn, zahlreiche Stammtische… - DOA NRW konnte von einer Fülle attraktiver und vor allem gemeinsamer Aktionen berichten. Dazu gab es tolle Fotos.
Herzliche Glückwünsche, trällernde Puppen und Standing Ovations für einen rundum gelungenen Tag
Keine Geburtstagsparty ohne Gratulanten. Und davon waren in Hagen jede Menge dabei. Zu den beim Fest vertretenen Selbsthilfestrukturen zählten nicht nur 19 regionale Selbsthilfegruppen, sondern auch nahezu alle Regionalverbände der DCIG, ebenso HCIG und DSB NRW, die Gesundheitsselbsthilfe und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Sie alle überbrachten am Ende des offiziellen Programms Glückwünsche und Geschenke.
Begleitet wurde das Vortragsprogramm außerdem von einer Fachmesse mit 15 Ausstellern, darunter zahlreiche Partner aus Industrie, Medizin, Hörakustik und Therapie, die das Fest auch als Sponsoren unterstützten.
Ein rundum gelungenes und erlebnisreiches Fest mit viel Gelegenheit für Information, alten und neuen Kontakten sowie einem schönen Abschluss: Beim gleichfalls gut besuchten Abendprogramm wartete ein leckeres Buffet. Top-Act des Abends war dann Bauch-Rednerin und Bauch-Sängerin Murzarella – gemeinsam mit einer Heavy Metal röhrenden Kanalratte, einem ziemlich verrückten Kakadu und einer ziemlich kapriziösen Opernsängerin und, und, und. Für die einzigartige Show aus trällerndem Plüsch und guter Unterhaltung sowie für einen rundum gelungenen Tag gabs am Ende Standing Ovations.
Text: Martin Schaarschmidt
Weitere Bilder unter: https://www.civ-news.de/media-album/bilder/1-originals/102-veranstaltungen_civ_nrw_2/155-jubilaeum-2025
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