Neues Messinstrument schützt Frühgeborene vor Gehirnschädigungen
Ermutigende Ergebnisse zum Abschluss des Forschungsprojekts »BabyLux«: Ein neues optisches Diagnosesystem, das innerhalb von nur drei Jahren gemeinsam von neun Partnern aus vier europäischen Ländern entwickelt wurde, ist in der Lage, den Sauerstoffgehalt im Blut frühgeborener Babys nicht-invasiv und sicher zu bestimmen. Wird das Gerät nach weiteren klinischen Tests für den medizinischen Einsatz zugelassen, können Neugeborene damit vor schweren Schäden durch eine Sauerstoffunter- oder -überversorgung des Gehirns bewahrt werden.

Die neue optische Messsonde, die auf die Haut am Kopf der Babys aufgelegt wird, arbeitet mit parallelen Messungen anhand zweier Spektroskopieverfahren, der TRS (Time-resolved Spectroscopy) und der DCS (Diffuse Correlation Spectroscopy). So kann nicht-invasiv und dauerhaft die Sauerstoffversorgung im Gehirn überwacht werden, ohne sichtbare Spuren auf der empfindlichen Babyhaut zu hinterlassen. Das neue Messinstrument ist zudem so handlich konzipiert, dass es neben dem Kinderbett stehen kann und die regelmäßigen Messungen innerhalb von nur fünf Minuten durchgeführt sind.

Erfolgreiche Tests an 60 kleinen Probanden zeigen die Zuverlässigkeit des neuen Messsystems

Die Tests zweier Prototypen des neuen Diagnosesystems am Kopenhagener Rigshospitalet und am Mailänder Ospedale Maggiore Policlinico mit insgesamt 60 Neugeborenen bestätigen den Erfolg des Forschungsprojekts, das seit Anfang 2014 durch die Europäische Union gefördert wurde: Selbst wenn die Messsonde mehrfach an verschiedenen Stellen am Vorder- und Oberkopf der zumeist extrem kleinen Frühgeborenen aufgesetzt wird, erzielt sie zuverlässige Ergebnisse.

Ein Test, bei dem innerhalb von drei Minuten sechsmal für je 30 Sekunden DCS- und TR-NIRS-Signale (Time-resolved Near Infrared Spectroscopy) in der Frontoparietalregion am Kopf der Babys erhoben wurden, zeigte eine Varianz von weniger als fünf Prozent für die Messwerte der Sauerstoffversorgung des Gewebes. Diese Werte übertreffen bereits jetzt die Ergebnisse konventioneller Messgeräte, wie sie heute in Frühgeborenenstationen eingesetzt werden. Der Index für den Blutfluss schwankte zwischen 15 und 25 Prozent, vergleichbar also mit den Ergebnissen transkranialer Doppler-Ultraschallmessungen, Xenon-Clearance-Tests oder anderen bereits bestehenden Verfahren.

Europaweit können mehr als 1000 Frühgeborene pro Jahr vor Folgeschäden bewahrt werden

Ziel des BabyLux-Projekts, das am 28. April 2017 mit einer umfassenden Ergebnispräsentation im Rahmen des öffentlichen Symposiums »Light-to-Cure« am Politecnico di Milano in Mailand abgeschlossen wurde, war die Entwicklung der neuen Messtechnik, mit der sich die Sauerstoffversorgung im Gehirn von Frühgeborenen, die vor der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt gekommen sind, nicht-invasiv und schmerzfrei besonders exakt und zuverlässig messen lässt. Deuten sich aufgrund der Messdaten Komplikationen an, können Mediziner nun mithilfe der neuen optischen Messtechnik schneller eingreifen und so das Risiko von Gehirnschädigungen und Spätfolgen wie Behinderungen senken. Wird das neue Messgerät zugelassen und kann sich in den Frühgeborenenstationen etablieren, könnten nach einer Schätzung der Forscher allein in Europa mehr als 1000 Kinder pro Jahr vor den Folgeschäden einer Sauerstoffunter- oder -überversorgung bewahrt werden.

Internationales, interdisziplinäres Projektkonsortium aus Medizinern und Messtechnikern will das neue System zur Marktreife führen

Im Projekt »BabyLux« wirkten neben dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen und der PicoQuant GmbH aus Berlin das ICFO-Institute of Photonic Sciences, die Hemophotonics SL und das Competitive Network SL aus Spanien, Capital Region aus Dänemark sowie die italienische Fondazione IRCCS Ca' Granda Ospedale Maggiore Policlinico mit. Die Federführung des Projekts lag bei der italienischen Politecnico di Milano mit der Fondazione Politecnico di Milano. Die Europäische Kommission förderte »BabyLux« im ICT Policy Support Programme (ICT PSP) als Teil des »Competitiveness and Innovation«-Rahmenprogramms für drei Jahre und unterstützte auch die sechsmonatige Erprobungsphase in Mailand und Kopenhagen.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen hatte im Projekt die Aufgabe übernommen, eine kompakte faserbasierte Sonde für das System zu entwickeln, die parallele Messungen anhand zweier Spektroskopieverfahren ermöglicht. Die Berliner PicoQuant GmbH befasste sich mit der Entwicklung speziell gepulster Diodenlaser und einer sehr empfindlichen, zeitaufgelösten Detektion der Laserlichtanteile, die vom Blut absorbiert sowie zurückgestreut werden. Mit dem System kann jetzt nicht-invasiv und dauerhaft die Sauerstoffversorgung im Gehirn frühgeborener Babys überwacht werden. Die Integration dieser Komponenten in ein kliniktaugliches Gesamtsystem erfolgte anschließend beim spanischen Projektpartner Hemophotonics SL, der federführend bei der Kommerzialisierung des Systems ist.

In den kommenden Monaten soll eine weitere Reihe an Messungen stattfinden, um die Projektergebnisse in klinischen Studien zu konsolidieren und das neue Messinstrument zur Marktreife zu führen.

Alessandro Torricelli, Koordinator des BabyLux-Projekts und Associate Professor am Department of Physics des Politecnico di Milano freut sich über den gelungenen Projektabschluss: »Die Projektergebnisse geben uns die Hoffnung, einen Weg zu ebnen, um dieses neue Messinstrument in ein paar Jahren auf den Markt zu bringen. Denn auf diese Weise können wir die Frühgeborenenmedizin in die Lage versetzen, die Gesundheit unserer Kleinsten eng zu überwachen und sie so vor schweren Schäden zu beschützen.«

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT

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