Großprojekt des Exzellenzclusters CITEC steht vor Abschluss
Was macht eine intelligente Wohnung sozial kompetent, sodass sie ihre Gäste optimal unterstützen kann? Daran haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld in einem Großprojekt geforscht. Das Hauptergebnis ist die Schaffung eines mitdenkenden Apartments im CITEC-Gebäude, das rund um die Uhr als Forschungswohnung eingesetzt werden kann. Zu den Entwicklungen der Forschenden gehören ein „emotionaler“ Roboterkopf, ein klingender Energieverbrauch und ein Lichtsignal-System in der Küche. Bild: Prof. Dr. Britta Wrede vom Exzellenzcluster CITEC gehört zur Leitung des Projekts, das Roboter Floka – hier mit „sozialem Kopf“ – mit einer intelligenten Wohnung vernetzt. Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Das als „fürsorgliche Wohnung“ bekannte Projekt wird offiziell am Ende Oktober abgeschlossen. Die Forschenden stellen die Ergebnisse ihres Projekts diese Woche auf der internationalen Konferenz „Human Agent Interaction“ am CITEC vor. Ein neues Video gibt Einblicke in die Forschung zum Kognitiven Roboter-Service-Apartment.
„In dem Projekt untersuchen wir, wie Menschen im Alltag mit einem intelligenten Apartment umgehen, wie sie mit ihm interagieren und kommunizieren können und wie ein Roboter dabei helfen kann“, sagt die CITEC-Forscherin Professorin Dr. Britta Wrede, die das Projekt zusammen mit Privatdozent Dr. Sven Wachsmuth und Dr. Thomas Hermann leitet. „Das Apartment passt sich an unterschiedlichste Situationen an und ist nicht auf einzelne Dienstleistungen begrenzt. Dieses Konzept des flexiblen Lernens macht das Apartment besonders“, erklärt die Informatikerin.
Der Roboter Floka und seine Mimik
Ein zentraler Teil des Projekts ist der Serviceroboter Floka. Die CITEC-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler haben ihn mit den Sensoren und dem Steuerungssystem der Wohnung vernetzt. So kann die Wohnung ihn direkt dorthin dirigieren, wo Unterstützung nötig ist. Sein Kopf ist austauschbar. Sein Sensorkopf beherrscht Farb- und Tiefenwahrnehmung. Eigens am CITEC entwickelt wurde sein „sozialer“ Kopf. Dieser erlaubt dem Roboter, mimisch auf sein menschliches Gegenüber zu reagieren. „Diese Art von Körpersprache sorgt dafür, dass Flokas Äußerungen von Menschen unbewusst leichter verstanden werden“, sagt Dr. Sven Wachsmuth. Studien am CITEC zufolge wird der Roboter durch die emotionalen Gesichtsausdrücke von Menschen besser als Assistent und Gesprächspartner akzeptiert als ein eher technisch anmutender Roboter.
„Der Roboter assistiert nicht nur, er ist auch ein Ansprechpartner für die Gäste, um mit der Wohnung zu reden“, sagt Britta Wrede. „Andernfalls müssten die Nutzer einfach in den Raum hineinsprechen – und das kommt vielen Menschen unnatürlich vor.“ Ein weiterer Ansprechpartner ist Flobi, eigentlich ebenfalls ein Roboter. In der Wohnung erscheint er als Avatar (virtuelle Figur) auf Bildschirmen. Er begrüßt die Gäste und er unterstützt sie, sich in der Küche zurechtzufinden.
Lichtsignale und Verklanglichung technischer Daten
„Oft werden technische Systeme über Bildschirme und Tastaturen bedient“, sagt Thomas Hermann. „In unserer intelligenten Wohnung arbeiten wir zusätzlich damit, Informationen über Displays hinaus in den Raum zu bringen.“ Aufleuchtende Schrankgriffe (Leuchthandles) zeigen in der Küche an, wo das Geschirr zu finden ist. Mit kleinen Symbol-Objekten können Benutzer im Badezimmer Licht und Geräuschkulisse steuern. Legt eine Nutzerin zum Beispiel die Muschel auf die Ablage, ertönt Meeresrauschen und das Licht wechselt ins Blaue.
Um darzustellen, wie sich der Energieverbrauch im Apartment entwickelt, nutzt das Projekt Sonifikation, die Verklanglichung von Daten. Mit einem leisen Bachrauschen lässt die Wohnung – wenn gewünscht – hören, dass der Stromverbrauch normal verläuft. Sobald ein starker Energieverbraucher wie der Wasserkocher hinzugeschaltet wird, schwillt das Geräusch zu einem Regenschauer an. Bei hohem Verbrauch hört der Gast der Wohnung Donnergrollen. Auch visuell wird der steigende Stromverbrauch dargestellt: Die „InfoPlant“, eine Grünpflanze, erleuchtet gelb und lässt ein Blatt herabsinken.
Ein Labor für die Forschung am Wohnen der Zukunft
„Dass das Apartment intelligent ist und assistieren kann, ist die eine Sache. Was das Apartment aber auch besonders macht, ist, dass wir es anderen Forschungsgruppen als Experimentierumgebung zur Verfügung stellen können“, sagt Dr. Sven Wachsmuth. Um in Studien das Verhalten von Menschen aufzuzeichnen, verfügt das Apartment über zahlreiche Sensoren: Mikrofone, Kameras, Sensoren zur Bewegungserfassung und ein taktiler Fußboden. „Durch die Analyse dieser Daten erfährt das Apartment, wie es richtig mit den Gästen interagieren kann“, sagt Dr. Thomas Hermann. „Es erkennt, wohin sich Personen bewegen, wohin diese schauen und es kann sie hören und über Floka und über den virtuellen Roboter Flobi mit den Personen sprechen.“ Wie die Wohnung mehrere Personen gleichzeitig unterstützen kann, diskutieren CITEC-Forschende am heutigen Dienstag auf der Konferenz „Human Agent Interaction“ (HAI) im CITEC-Gebäude.
Von Anfang an ging es in dem Projekt darum, die Daten der Nutzer zu schützen, um deren Privatsphäre zu wahren. „Die erfassten Daten werden nicht in der Cloud, sondern lokal in einem eigenen Netzwerk gespeichert. Die Besucherdaten werden über Chiffren verschlüsselt“, sagt Sven Wachsmuth.
Nutzung auch nach Projektabschluss
Das Projekt „Cognitive Robotics Service Apartment“ (CSRA, Kognitives Robotik-Service-Apartment) startete im Oktober 2013 und läuft bis Ende dieses Monats. Künftig soll die Laborwohnung für neue Projekte zur Smart-Home-Forschung genutzt werden – so wie beim Innovationscluster „KogniHome“. Das von CITEC koordinierte Projekt mit regionalen Partnern entwickelte eine mitdenkende Wohnung, die ohne Serviceroboter unterstützt.
Quelle: Universität Bielefeld