- Bild zeigt 2 Roboter Gesamtsystem mit mobilen Robotern, Elektronik, Audioschnittstelle und Kunstköpfen. Foto: Hochschule Luzern Es ist äusserst aufwändig zu messen, wie sich Schall in einem Raum verhält. Die Hochschule Luzern und der Hörgerätehersteller Sonova haben deshalb Roboter entwickelt, die das übernehmen können. Dies dient der Verbesserung von Hörgeräten in Räumen mit vielen Nebengeräuschen.
Ein Restaurant mit viel Hall und vielen Hintergrundgeräuschen ist manchmal schon mit gesundem Gehör ein Problem. Menschen mit Hörproblemen sind darin oft völlig verloren, weil es ihnen nicht gelingt, die wesentlichen akustischen Informationen herauszufiltern.
Bild: Gesamtsystem mit mobilen Robotern, Elektronik, Audioschnittstelle und Kunstköpfen. Foto: Hochschule Luzern

Zwar lassen sich Hörgeräte je nach Umgebung einstellen. Doch diese Audiofilter bieten nur sehr allgemeine Voreinstellungen und kommen deshalb immer wieder an ihre Grenzen. Dies erschwert Sozialkontakte für Menschen mit einer Hörbehinderung enorm – im Restaurant sind sie von gemeinsamen Gesprächen ausgeschlossen, im Geschäftsmeeting ist es für sie schwierig, ihre Ideen einzubringen, weil sie sich primär darauf konzentrieren müssen, die Äusserungen der anderen zu verstehen.
Hörgerätehersteller arbeiten mit Hochdruck daran, diese Filtermöglichkeiten zu verbessern. Doch dafür braucht es ein genaueres Wissen darum, wie sich Räume an verschiedenen Positionen im Detail verhalten. «In der Raumakustik spricht man davon, dass ein Raum einen bestimmten Nachhall habe. Aber diese Aussage reicht nicht aus, um die raumakustischen Unterschiede von Punkt zu Punkt zu beschreiben», sagt Prof. Dr. Armin Taghipour, Akustikexperte bei der Hochschule Luzern. Es gehe beim Hören immer um die Beziehung von zwei Punkten: der Geräuschquelle und dem Menschen, der das Geräusch hört. Die Hochschule Luzern und der Hörgerätehersteller Sonova arbeiteten deshalb gemeinsam in einem von Innosuisse geförderten Projekt am besseren Verständnis der Schallausbreitung im Raum.
Roboter messen den Schall im Raum

Zunächst einmal gibt es dafür keine andere Möglichkeit, als das Verhalten des Schalls im gesamten Raum auszumessen. Wie verändert er sich, wenn die sprechende Person auf die hörende zugeht? Wenn sie um sie herumgeht? Wenn sie sich entfernt? Wenn das alles in einer Ecke geschieht, oder mitten im Raum? «Werden diese detaillierten Messungen durch Menschen manuell vorgenommen, sind sie enorm zeitaufwändig», sagt Armin Taghipour. Deshalb haben er und sein Team, allen voran Pascal Jund, Tobias Walker und Manuel Isenegger, an der Hochschule Luzern Roboter entwickelt, die das autonom übernehmen können. Diese sind dank einer eigens dafür entwickelten Software imstande, sich selbständig in der gewünschten Art im Raum zu bewegen, wenn die Grenzen – hier eine Wand, dort ein Tisch – festgelegt sind. Dabei können sie messen, wie sich der Schall an jedem Ort verhält.
Anders als bisher üblich können die Roboter sowohl die Lautstärke der Hintergrundgeräusche als auch die Raumakustik autonom messen. Wenn also beispielsweise in einer Kantine gesprochen wird, kann das Gerät die Auswirkung auf jeden Punkt im Raum messen. Die Ergebnisse aus verschiedenen Räumen geben schliesslich die Möglichkeit, zu vergleichen – hohe, tiefe, grosse, kleine, mit Teppich ausgelegte Räume oder solche mit Holzverkleidung.
Kompliziertes Zusammenspiel

Was recht einfach klingt – Roboter messen die Akustik eines Raumes aus – verlangt die Zusammenarbeit von Spezialistinnen und Spezialisten aus den verschiedensten Gebieten. Sonova brachte dabei das Wissen um Hörakustik, Audiotechnik, Signalverarbeitung und Elektroakustik ein; von Seiten der HSLU kam die Expertise in Robotik, Softwareentwicklung, Raumakustik, sowie Audiosignalanalyse und -verarbeitung hinzu.
In einem Studierendenprojekt werden nun Daten in verschiedenen Räumen gesammelt. Diese Daten schaffen die Grundlagen für Simulationen. Durch diese können anschliessend Audioaufnahmen so verändert werden, dass sie klingen, als hätten sie am Ort der Messung stattgefunden. «Für Sonova sollen diese Daten die Grundlage liefern, um neue Algorithmen zu schaffen. Denn die wichtigste Voraussetzung, dafür dass Machine Learning funktioniert, sind grosse Datenmengen», sagt Hannes Wüthrich, Projektleiter bei Sonova. Bei schriftlichen Texten oder Bildern kann dafür oft auf zahlreiche vorhandene Datensätze zurückgegriffen werden – nicht so im Falle der akustischen Daten. Diese müssen zunächst einmal generiert werden, wie es nun mit Hilfe der von Robotern gesammelten Daten geschehen kann. So soll der Roboter-Einsatz schliesslich zu einer Verbesserung der Hörgeräte führen und Menschen mit Hörverlust besser in ihre Umgebung einbinden.

Quelle: Hochschule Luzern

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