Auch wenn man es durch die Überschrift annehmen könnte, ich bin kein Taubenzüchter.
Meine Taube ist mein schwerhöriger Schatz. Auf einer Seite mit Hörgerät ausgestattet und auf der anderen mit einem CI verdrahtet, lauscht sie hingebungsvoll meiner genuschelten Sprachausgabe. Aber auch mit Hightech versehen, fällt das Verstehen - aber auch das Hören schwer. Manchmal hege ich allerdings den Verdacht, dass sie mich sehr wohl verstanden hat, aber nichts hören will.
Als angetrauter Vertrauter hat man es mit einem Hightech-Engel nicht ganz leicht. Anpassung ist gefragt. Sprichst du leise, ist es zu leise – sprichst du laut, ist es zu laut.
Entweder stellst du das Reden ein oder du passt dich an. Anpassen heißt in diesem, meinem Fall, normal laut, aber deutlich sprechen. Wisst ihr, wie schwer deutlich sprechen sein kann? Ich meine jetzt nicht, nach 10 Bier, da verstehen mich auch gut Hörende nur noch bedingt.
Inzwischen habe ich gelernt, dass mein Engel erschrocken etwa 1,20 Meter hoch springt, wenn ich fröhlich summend ins Haus komme und sie von hinten auf den Hals küsse. Ebenfalls ist es sinnlos, mit ihr von Esszimmer zu Wohnzimmer zu kommunizieren, da dies ein einseitiges Gespräch wird. Blickkontakt ist das A und O guter Gespräche. Sie liebt meine Lippen, an denen sie bei Diskussionen leidenschaftlich hängt. Natürlich nur mit ihren Blicken. Von den Lippen ablesen, hilft ihr, schwer zu verstehende Wörter zu deuten.
Allerdings gibt es auch Dinge, die mich vereinsamen lassen. So stöpselt sie abends ihren „Stab mit Micro“ (ich mache hier bewusst keine Schleichwerbung) an das Fernsehgerät und entschwindet aus meiner Welt. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie mein Schatz den Ton vom TV verarbeitet und den Film sieht, dabei aber gleichzeitig am Computer spielt oder chattet. Mich nimmt sie eingestöpselt hörtechnisch nicht mehr wahr.
Da ist wieder einmal Anpassung gefragt.
Um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, stelle ich mich in ihr Blickfeld, erhebe meine Arme und schwinge leicht mit dem Oberkörper samt den Armen hin und her. Dabei singe ich: „Hörst du den Südwind, er flüstert dir zu, - Schatzi, Schatzi, hör mir mal zu“. In Anlehnung an „Tammy, das Mädchen vom Hausboot“, einer alten TV-Serie von 1967. (Bin ich wirklich schon so alt?)
Sie stöpselt sich dann aus und ich sage ihr so wichtige Sachen wie, der Hund hat nach dir gerufen. Aber Spaß beiseite, dieses nicht frei mit ihr sprechen können, nervt mich schon ein wenig. Eine kurze Frage stellen oder eine kleine Mitteilung machen, gestaltet sich meist schwierig. Andererseits kann mein Schatz mit der Drahtlosverbindung die TV-Sendung viel besser verstehen.
Wobei wir wieder beim Anpassen sind. Anpassen und auf die kleinen Dinge achten.
Ich weiß es wohl, allein daran zu denken…
Text: Peter G.A. Hölterhoff - All Rechte vorbehalten
Auf CIV NRW News mit freundlicher Erlaubnis der CI - SHG Hagen "Die Hörschnecken"